Das Projektthema »THE NEXT UNIVERSITY« wollten wir – Isabella Tober, Kristina Fromm und Julia Senft – direkt auf die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig beziehen, indem wir uns mit der Zukunft der HBK auseinandersetzten. Uns interessierte, wie man Diskussionen zu Fragen »Wie sieht die Zukunft der HBK aus?« beziehungsweise »Wie sieht die HBK der Zukunft aus?« anstoßen könnte. Hierzu galt es, verschiedene Methoden und Formate zu testen, mit denen man Diskussionen anregen und möglichst viele Beteiligte erreichen könnte: von Befragungen, über Szenariotechniken, Workshops bis hin zu spielerisch-experimentellen Interventionen. Als angehende Transformationsdesignerinnen wollten wir ein methodisches Werkzeug entwickeln und testen.
Partizipative Gestaltungsprozesse werden immer wieder mit der Kritik konfrontiert, selten besonders kreative oder visionäre Ergebnisse zu Tage zu fördern und somit häufig im Bereich des pragmatisch Machbaren und bereits Bekannten zu verbleiben. In diesem Projekt wurde daher untersucht, inwiefern dies durch Impulse des Design Fiction beeinflusst werden kann. Um dieser Frage nach zu gehen entschieden wir uns für einen dialogisch, iterativen Prozess zwischen partizipativen Methoden und Impulsen in der Art des Design Fiction.
Die daraus resultierende Vorgehensweise, auch als Design for Debate bezeichnet, unterstützt Transformationsprozesse, indem sie eine Gesprächsgrundlage schafft, Akteure und Stakeholder zum Nachdenken anregt, Lösungsvorschläge (auch radikaler und fiktiver Art) zur Diskussion stellt, alternative Wege der Mitgestaltung aufzeigt und die Beteiligten so in den Gestaltungsprozess mit einbindet. Hierbei agiert Design for Debate es sowohl empirisch-explorativ als auch normativ-gestalterisch.
Um nach Art des Design for Debate einen Bottom-Up-gestalteten Veränderungsprozess sowohl befördern als auch beforschen zu können gründeten wir das labor__.
Das labor__ war in vielerlei Hinsicht ein Raum zum gemeinsamen Experimentieren, Ideensammeln und zum Austausch über die Zukunft der HBK. Einerseits war es ein räumlicher Ort inmitten des stark frequentierten Mensafoyers sowie eine Anlaufstelle, die für alle Beteiligten der HBK offen war.
Darüber hinaus ist das labor__ auch als Mindset zu verstehen, als Modus der Explorierens und Innovierens welcher das Experiment in den Mittelpunkt rückt und sich iterativ in die Zukunft hineinbewegt.
Während des Semesters entwickelten wir verschiedene Methoden und Formate, um Diskussionen über die Zukunft der HBK anzustoßen. Darunter waren eine Audioinstallation zum Thema »Was ist die HBK für dich?« , ein kollektives Brainstorming in dem eine Wand mit Ideen zur Hochschule der Zukunft gefüllt wurde und ein »Zukunftsgenerator« der provokative, abwegige, interessante oder wünschenswerte Zukünfte ausspuckte.
Auf Basis ermittelter Trends und Treiber, der Wünsche und Bedürfnisse die während des Semesters seitens der Akteure an uns herangetragen wurden, sowie Inspirationen aus »best practice« Beispielen und den veränderten Anforderungen an das Bildungssystem, haben wir verschiedene Zukunftsszenarien für die HBK entwickelt. Hierfür wurden zunächst die wesentlichen Aspekte gesammelt und strukturiert, wodurch deutlich wurde, dass einige Aspekte sich diametral entgegen stehen. Daraus folgte, dass es nicht eine Zukunft geben kann, in der sich alle Wünsche und Trends vereinen, sondern dass es verschiedene mögliche Zukünfte der Hochschule gibt, welche zum Teil absolut gegensätzlich sind.
Durch die Verbindung passender und sich ergänzender Aspekte entstanden vier Szenarien:
Die »Zertifizierungsagentur für Bildende Künste« (Flexible Uni), die »Hochschule für Traditionelle Kunst- und Kulturtechniken« (Back-to-the-roots Uni), die »Communiversity« (Do-it-together/Transition Uni) und die »University of digital Arts and Culture« (Up-to-date-Uni).
Nachdem wir die Szenarien konkretisiert haben, suchten wir nach einer From der Visualisierung und Präsentation in der wir diese als mögliche Hochschulzukünfte für die HBK auch erfahrbar machen konnten. Wir entschieden uns daher, diese als begehbare Szenarien, als Future Spaces umzusetzen und entwickelten die Installation »fast forward«. Die Inszenierung möglicher Zukünfte als modifizierte Gegenwart hat die Funktion beim Betrachter Gedanken anzustoßen und einen Dialog mit sich selbst aber auch mit anderen Akteuren zu provozieren. In dem Moment, in dem die Vorstellung der Zukunft materialisiert ist, wird unsere Wahrnehmung der Realität selbst verändert und eine andere, parallele Wirklichkeit erzeugt. Sie macht es möglich, über konkrete Dinge die in diesem Moment bereits in der Welt sind zu sprechen, was eine andere Auseinandersetzung ermöglicht als Diskussionen die rein verbal über abstrakte Begriffe ablaufen.
So konnte an vier zentralen Stationen auf dem Campus der HBK ein Zeitsprung ins Jahr 2023 gemacht werden. Um das jeweilige Szenario so immersiv wie möglich zu gestalten, entwarfen wir dazu Pläne und Karten der jeweiligen HBK im Jahr 2023 sowie Ankündigungsplakate, Veranstaltungskalender, Campuspläne, Infotafeln, ein Vorlesungsverzeichnis, ein Imagevideo und ein neues Leitsystem. Diese Medien ließen sich geschickt in den Raum implementieren indem wir die gegebene Infrastrukturen nutzen und teilweise einfach für unsere Zwecke umbenannten oder passend ergänzten. Unter den folgenden Links gibt es Einblicke in die vier Szenarien und die genutzten Kommunikationsmittel:
»Zertifizierungsagentur für Bildende Künste (ZBK)«
»Hochschule für Traditionelle Kunst- und Kulturtechniken (HTKK)«
»Communiversity«
»University of digital Arts and Culture (UdAC)«
Um Feedback und Reaktionen auf die vier Hochschulszenarien zu sammeln, gaben wir über eine Woche hinweg täglich Führungen durch die Zukunftsszenarien.
Um die Szenarien zu diskutieren und gemeinsam »next steps« zu definieren gaben wir einen Pop-Up Workshop zum Studieninformationstag im Mensafoyers der HBK. Wir entwickelten und nutzten – neben den Szenarien – weitere Tools und Formate zur Inspiration und Kommunikation. Wir arbeiteten mit der Lego Thinking Methode um Ideen schnell (be-)greifbar machen zu können und erstellten unsere sogenannten »Wild Cards«, die auf spielerische Art und Weise wie ein Joker gezogen werden konnten und einen weiteren Denkanstoss lieferten. Um konkrete Vorschläge machen zu können, wie man seiner Wunsch-Hochschule näher kommen kann, gab es Postkarten, wo die next steps gesammelt werden konnten.
Das Projekt stellt einen ersten Schritt, ein Anstossen eines Prozesses und ein Aufzeigen eines möglichen Weges dar, wie ein Veränderungsprozess im gemeinsamen Dialog partizipativ ausgehandelt und gestaltet werden kann. Das Ziel ist, in einem dialogischen Prozess an einen zu Punkt kommen, an welchem die Akteure befähigt sind selbst gestalterisch zu agieren, während die Transformationsdesigner zunehmend in den Hintergrund rücken und sich schließlich aus dem Prozess zurückziehen können.
Ein Projekt von:
Isabella Tober
Kristina Fromm
Julia Senft
Betreut durch:
Prof. Dr. Wolfgang Jonas